Manchmal aber, wenn Karlchen im Bett lag und nicht einschlafen konnte, dann überlegte er doch, was mit Lars wohl sein könnte, welches Geheimnis da gehütet wurde. Wie das so ist, wenn man nichts Genaues weiß, dann kann einem schon mal die Phantasie durchgehen. Karlchen fand abenteuerliche Erklärungen, von denen er Lars aber natürlich nichts sagte.

Vielleicht war ’irgendwoher’ ja ein Wort dafür, dass der Vater von Lars aus dem Gefängnis kam, oder die Mutter, oder beide. Vielleicht war Lars ja sogar in einem Gefängnis geboren worden. Das hätte Karlchen kein bisschen gestört.

Vielleicht waren Lars Eltern ja auch untergetauchte Agenten, nach denen überall gesucht wurde!

Eines Abends hatte Karlchen verbotener Weise hinter der Wohnzimmertüre gestanden und einen Blick auf den Fernseher erhascht. Da ging es um einen Wehrwolf. Als er dann nicht schlafen konnte, weil ihm die gruseligen Bilder nicht aus dem Kopf gingen, da quälten ihn gleich zwei Fragen: War Lars am Ende ein Wehrwolf? Und wieso schaute sich seine zarte Mama, die nicht einmal eine Spinne aus dem Zimmer vertreiben konnte, ohne ihn, Karlchen um Hilfe zu bitten, einen Film über Wehrwölfe an? Das konnte er sie natürlich nicht fragen, denn dann wäre ja aufgeflogen, dass er hinter der Türe gestanden hatte, statt im Bett zu liegen und zu schlafen.

Einmal sah Karlchen am Abend eine Sternschnuppe und da stellte er sich vor, Lars und seine Familie wären Außerirdische. Das fände er toll!

Ein wenig schämte sich Karlchen schon, wenn er solche Gedanken hatte. Lars war sein Freund und damit basta! Sie passten gut zueinander, das konnte man ja schon an den Gummibärchen sehen. Bisher hatte Karlchen übrigens nichts Ungewöhnliches an Lars entdecken können außer, dass Lars, wenn sie in der Schule malten, immer ganz besonders schöne Farben zusammenmischte.

Manchmal vergaß Karlchen auch ihr Gespräch unter den Kastanien für eine Weile.

Sie gingen zusammen ins Schwimmbad, auf den Spielplatz, zum Fußballspielen, Eis essen und taten gemeinsam das, was ganz normale Kinder eben so tun.

An einem Samstag planten die Eltern mit Karlchen zum Badesee zu fahren. Und Lars durfte mit.

Anders als im Schwimmbad war das Wasser im See nicht glasklar, sondern schimmerte smaragdgrün und wenn man bis zum Bauch im Wasser stand, konnte man die eigenen Zehen nicht mehr sehen. Karlchen liebte den See. Er stellte sich immer vor, dass in den Tiefen des Sees seltsame Wesen wohnten. Allerdings war es auch ein bisschen unheimlich, denn Karlchen war sich sicher, dass so ein Wesen ihn einmal in die Wade gezwickt hatte. Der Vater hatte hoch und heilig geschworen, dass er das ganz sicher nicht gewesen war. Die Eltern